Wer an das Mittelmeer denkt, dem kommen zuerst Assoziationen an endlose Sandstrände in den Sinn. Der typische Badeurlaub von Erholungssuchenden spielt sich an Stränden ab, die von Touristen überlaufen sind. Das Sonnenbaden und gelegentliche Abkühlungen bei angenehmen Wassertemperaturen stehen auf dem Tagesprogramm. Dass die Mittelmeerregion noch viel mehr zu bieten hat, wissen nur die wenigsten.
Abseits vom Massentourismus am Strand warten jede Menge Abenteuer, einzigartige Erlebnisse und echte Geheimtipps auf den Gast. Der Süden lockt nicht nur mit Postkartenmotiven, romantischen Landschaften und idyllischen Sonnenuntergängen, sondern lädt ein zu waghalsigen Erlebnissen, welche den Horizont erweitern.
Türkei: Genussmomente für die Seele
Im sonnigen Südwesten der Türkei, eingesäumt von sanften Hügellandschaften und der Ägäis, liegt die verträumte Stadt Alacati. Hier auf der Cesme-Halbinsel ticken die Uhren schon seit dem 14. Jahrhundert etwas langsamer. Die Menschen lassen sich treiben und genießen das Dasein ganz ohne die Hektik des Alltags. Massentourismus ist in dem beschaulichen Ort, der seit 2005 als historische Stätte gilt und unter Denkmalschutz steht, fehl am Platz. Wer durch die engen Gassen schlendert, erlebt die türkische Tradition in vollendeter Perfektion. Steinhäuser aus dem 19. Jahrhundert wurden liebevoll restauriert.
Zu dieser Zeit lebten mehr Griechen als Türken in der Siedlung, was noch heute an der Architektur der Häuser erkennbar ist. Geschlossene Balkone mit Alkovenfenstern, die auf Türkisch „Cumba“ genannt werden und in violetten oder hellblauen Farben gestrichen sind, fungieren als Zeugen dieser griechisch geprägten Zeit, in der die Weinbau- und Olivenkultur entstand. Tatsächlich stammen etwa 20 Prozent aller türkischen Weine aus den Küstenregionen an der Ägäis, die sonnenverwöhnter sind als die inländischen Weinbaugebiete. Besonders Rotweine aus der heimischen Rebsorte Calkarasi, aber auch edle Tropfen der Sorten Craignan und Grenache verwöhnen den Gaumen.
Die Sémillon-Traube liefert dagegen einen schmackhaften Weißwein. Wer auf der Suche nach einem besonderen Erlebnis am Mittelmeer ist und die Abendsonne an der Ägäis bei einem Glas Wein genießen möchte, sollte der Weinkellerei Urla Sarapcilik einen Besuch abstatten. Die Weinplantagen liegen unweit von Alacati und laden ein zu ausgedehnten Erkundungstouren mit anschließender Weinverkostung.
Frankreich: Geschichte sehen und schmecken
Ein kleines Stück in Richtung südfranzösisches Inland und etwa 60 Kilometer von der Küste des Iberischen Meeres entfernt liegt eine mittelalterliche Festungsstadt, die nicht ohne Grund zum UNESCO-Weltkulturerbe gekürt wurde. Es ist die größte Stadt ihrer Art in ganz Europa und bekannt unter dem Namen Carcassonne. Wer die etwa drei Kilometer lange Verteidigungsmauer mit seinen 52 Türmen zu Fuß erkundet, darf die besten Panoramablicke über den faszinierenden Stadtkern genießen. Von Juni bis August wird die Mittelalterstadt zum Schauplatz von musikalischen Festivitäten mit Theater und Tanzeinlagen.
Nicht zu vergessen ist die geheimnisvolle Unterstadt aus dem 13. Jahrhundert, die am Canal du Midi liegt. 100 Kilometer weiter ins Landesinnere liegt die Studentenstadt Toulouse, die auch als rosafarbene Stadt Bekanntheit erlangte. Grund hierfür sind die zahlreichen Bauwerke, die aus roten Ziegelsteinen bestehen und dem Stadtbild einen warmen Farbton verleihen. Pittoreske Gebäude im Art-Déco-Stil reihen sich im Zentrum aneinander. In den romantischen Cafés werden Spezialitäten wie die „fénétra“ angeboten.
Diese historische Torte, deren Hauptzutaten Mandelbaiser, Aprikosen und kandierte Zitronen sind, sollen schon die alten Römer gebacken haben. In die Welt der außergewöhnlichen Desserts reiht sich auch der „Banoffee Pie“ ein, der aus einem Mürbeteig besteht und mit Bananen, Milchkonfitüre und Schlagsahne bedeckt wird. Obwohl diese Speise einen britischen Ursprung hat, gilt sie als Lieblingsdessert unter den Einwohnern von Toulouse.
Malta und Gozo: Fotografische Abenteuer der Extraklasse
Marsaxlokk ist ein Fischerdorf im Südosten der Insel, der durch seine unzähligen Luzzus im Hafen eine große Beliebtheit unter allen Hobbyfotografen genießt. Doch kaum einer weiß über die Geschichte Bescheid, denn die farbenfrohen Verzierungen der äußerst stabilen Fischerboote haben durchaus eine Bedeutung. Am Bug wurden Augen aufgemalt. Sie stellen entweder die Sinne des ägyptischen Totengottes Osiris oder das Horusauge dar und sollen Gefahren auf See abwehren.
Ein gleichermaßen beeindruckendes Postkartenmotiv sind die megalithischen Tempel auf Malta und der benachbarten Insel Gozo. Die Anlagen zählen zu den ältesten freistehenden Gebäuden weltweit, die bis heute in einem guten Zustand erhalten sind. Ihre Geschichte reicht mehr als 5.000 Jahre zurück in die Vergangenheit. Typisch für die frühen Tempel ist der dreilappige Grundriss. Später errichtete Bauten haben eine fünflappig Form und erinnern an ein Ahornblatt.
Angekommen in der Gegenwart geht es weiter zu spektakulären Filmdrehorten. Malta verwandelte sich für die erste Staffel von Game of Thrones in die Stadt Königsmund. Zahlreiche Orte dienten als Kulisse für die Serie. Das Mdina Gate ist in den Folgen als Stadttor zu sehen, während der Pjazza Mesquita das Bordell vom Schatzmeister Petyr Baelish darstellte. Die Hochzeit von Khal Drogo und Daenerys fand vor dem berühmten Felsenfenster Azure Window statt, welches auf der Schwesterinsel Gozo lag und im Jahr 2017 einstürzte. Wer vom Abenteuer noch nicht genug hat, sollte sich diese Erlebnisse nicht entgehen lassen:
- ins Blaue Loch tauchen: ein 15 Meter tiefes Felsloch mit Durchgang zum offenen Meer
- Quad-Tour auf Gozo erleben: schroffe Felswände, Salzpfannen, Inlandseen und eine reichhaltige Flora
- „Maltas Sündenstadt“ Paceville besuchen: die größte Vergnügungsstadt mit vielen Casinos
- Pastizzi probieren: traditionsreiches Gebäck mit herzhafter Note
Griechenland: Abtauchen in die Welt der geschützten Arten
Alonisos ist wohl kaum einem Griechenlandfan bekannt, denn die Insel ist einer der letzten Geheimtipps für Naturliebhaber, die auf der Suche nach dem Besonderen sind. Sie gehört zu den Nördlichen Sporaden, die Teil eines 1992 erschaffenen Meeresnationalparks sind. Bootstouren beginnen in der Inselhauptstadt Patitiri und nehmen die Besucher mit in eine Welt aus türkisblauem Wasser, schroffen Höhlen und einer spannenden Artenvielfalt. Das Schutzgebiet ist eines der letzten Lebensräume der stark bedrohten Mittelmeer-Mönchsrobbe.
Weltweit gibt es nur noch 700 Exemplare dieser Art. 400 von ihnen leben in den griechischen, türkischen und zyprischen Gewässern. Sie bevorzugen geschützte Höhlen, in denen sie ihre Jungen abseits von Wind und Wellen zur Welt bringen können. Besonders empfehlenswert ist ein Ausflug zur Blauen Grotte auf der nordöstlichen Seite der Insel, die ein Paradebeispiel für den typischen Lebensraum der Robbe darstellt. Sie liegt abgelegen zwischen den Stränden von Lalarias und Strovili, ist zur Meeresseite offen und nur per Boot erreichbar.
Tauchgänge sind unabhängig von der Ausbildungsstufe möglich. Anfänger erkunden bei angenehmen Wassertemperaturen von 26 Grad Celsius die strömungsarmen oberen Bereiche. Etwas fortgeschrittenere Taucher dürfen sich an den Felswänden entlang in die Tiefe wagen und in den Steinspalten nach interessanten Arten suchen. Wer sich im Tieftauchen auskennt und mit den Strömungen unter Wasser vertraut ist, dem eröffnet sich in Tiefen von 35 bis 40 Metern ein einzigartiger Garten aus dicht stehenden roten Gorgonien.
Albanien: Unentdecktes entdecken
Berat ist eine kleine albanische Stadt etwa 100 Kilometer südlich von der Hauptstadt Tirana und hat Wurzeln, die 2.000 Jahre in der Vergangenheit liegen. Sie gilt mit ihrem traditionellen Stadtbild als eine der schönsten Städte des Landes und ist ein echter Geheimtipp. Die rustikalen Gebäude in der Altstadt sind der Grund, warum Berat auch als „Stadt der 1000 Fenster“ bezeichnet wird. Angeordnet in Hanglage blicken die Häuser mit unzähligen Fenstern hinab auf das Meer. Bei einem Spaziergang durch den Stadtteil Gorica bekommt der Besucher einen gruseligen Einblick in die heidnische Kultur.
Immer wieder erspähen die Augen unheimlich wirkende Puppen, die zusammengesunken auf flachen Ziegeldächern sitzen oder an Pfählen hängen. Sie sollen böse Blicke abwenden. In Richtung Bogovë liegt die Kleinstadt Polican inmitten des südalbanischen Berglandes. Hier war bis zum Jahr 2003 die landesweit größte Waffenproduktion beheimatet, die überwiegend in unterirdisch geschaffenen Räumen stattfand. Als die Region vom kommunistischen Regime regiert wurde, war Ausländern der Besuch untersagt. Heute sind die Fabrikanlagen geschlossen und die produzierten Waffen wurden nach der Schließung zerstört. Die verlassenen Gebäude verbüßen ihre Zeit als stumme Zeugen und werden langsam von der Natur zurückerobert.